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Dr. Franz Kuhn: Arzt, Erfinder und Medizinpionier

Dr. Franz Kuhn hat vor 100 Jahren im Elisabeth-Krankenhaus Kassel Medizingeschichte geschrieben. Am 12. Oktober 1866 wurde er in Aschaffenburg geboren. Wir erinnern uns seiner.

Wegbereiter der modernen Anästhesie

Franz Kuhn studierte Medizin in Würzburg, Berlin und München. 1899 wurde er als Chirurg Leiter des gerade eröffneten Elisabeth-Krankenhauses Kassel. Hier schrieb Franz Kuhn seine bedeutendsten wissenschaftlichen Arbeiten und forschte im Bereich der Lungenchirurgie. Es sind aus dieser Zeit über 90 Veröffentlichungen bekannt. Seine Publikationen waren wegweisend für die spätere Entwicklung der Anästhesie, Chirurgie und Rettungsmedizin. Ein großer Teil seiner Schriften beschäftigte sich mit der erstmalig von ihm so bezeichneten „peroralen Intubation“. Leider wurde der Wert seiner Erkenntnisse von vielen Medizinkollegen erst Jahre später erkannt.

 

„Katgut Kuhn“ – ein Meilenstein für die Wundheilung

Weltweite Bekanntheit erlangte Franz Kuhn durch die Entwicklung eines sterilen Nahtmaterials. Er hatte erkannt, dass die Ursache für Wundinfektionen in dem keimbelasteten Nahtmaterial aus Tierdarm, dem so genanntem Katgut, lag. Mit dem Apotheker Carl Braun aus Melsungen fand er 1908 einen Partner, der das Nahtmaterial mithilfe einer Jodlösung unter höchsten hygienischen Anforderungen nach seinen Vorgaben herstellte. Dieses Katgut gab den Chirurgen nun endlich ein resorbierbares Nahtmaterial an die Hand, das das Risiko für die Entstehung von Wundinfektionen und Nahtinsuffizienzen – ein sehr großes Problem dieser Zeit – drastisch reduzierte.

 

Perorale Intubation

„Die perorale Intubation hat … ihre Überlegenheit über die Tracheotomie … erwiesen.“ (Geh. Rat Prof. O. Hildebrand, Direktor der chirurg. Klinik in der Kgl. Charité in Berlin, 1911)

Franz Kuhns grundlegende Überlegungen zur Lungenchirurgie und Atemphysiologie ließen ihn die schon in Frankreich und den USA veröffentlichten Methoden zum Offenhalten des Atemwegs konsequent weiterentwickeln. Seine Lösung war ein Metallspiralschlauch, der in den Rachen eingeführt den Luftweg offenhält und damit eine erfolgreiche Beatmung unter Narkose zuließ. Dieser sogenannte Kuhn-Tubus erleichterte damit viele Operationen und ermöglichte neue Operationsmethoden in der Lungen- und Gesichtschirurgie. Mit seinem Tubus leistete er zu einer Zeit, in der viele Patienten noch an einer Narkose starben, einen frühen Beitrag zur Patientensicherheit und erwarb sich gleichzeitig einen herausragenden Platz in der Medizingeschichte.

 

Kompressor im Krankenhaus

Durch die Intubation war eine Überdruckbeatmung des Patienten möglich. Für diese sogenannte Überdrucknarkose, die Franz Kuhn unter anderem als geeignetes Mittel für Thoraxeingriffe demonstrierte, benötigte er Druckluft. Zu diesem Zweck verwendete er im Elisabeth-Krankenhaus Kassel einen auf ein Fahrgestell montierten Kompressor – wohl zum ersten Mal in einem Krankenhaus überhaupt. Als Visionär erkannte er auch die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten für die Druckluft in Krankenhäusern und prophezeite zu Recht ihre schnelle Verbreitung.

 

Medizinpionier Dr. Franz Kuhn.

 

Gedenkplakette im Krankenhaus-Foyer zu Ehren von Dr. Franz Kuhn.

 

Gastbeitrag von Rainer Kuhaupt, Oberarzt am Elisabeth-Krankenhaus Kassel.

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