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Krankenhausreform? So bitte nicht!

Im Rahmen eines parlamentarischen Frühstücks in der Landesvertretung Sachsen-Anhalts beim Bund war die angekündigte Krankenhausreform Thema eines intensiven Austausches zwischen Abgeordneten des Gesundheitsausschusses und Dr. Sven U. Langner, Peter Pfeiffer, Stefan Fischer, Prof. Dr. Michael Abou-Dakn, Dr. Sven Seeger, Dr. Dirk Schaper und Franziska Büchold. Befürchtungen wurden geäußert und Erwartungen formuliert:

Im Dialog mit der Bundespolitik

Die anstehende Krankenhausreform hat vielversprechende Elemente, z.B. das generelle Ziel einer Ent-Ökonomisierung des Systems durch eine anteilige Vorhaltefinanzierung. Die Veränderungen sollten nur maßvoll und sachgerecht gestaltet werden und dürfen keine neuen Versorgungshürden schaffen.

Zudem sollte die Krankenhausreform die Versorgung der Patienten verbessern und nicht verschlechtern, in dem hervorragend arbeitende Krankenhäuser mit unsinnigen Regeln massiv in ihrem Leistungsspektrum eingeschränkt werden.

Die Korrelation von Leistungsgruppen und Level-Einstufungen sowie die Voraussetzungen für Level II müssen dringend überarbeitet werden.

Einige Teilnehmer des parlamentarischen Frühstücks fanden im Anschluss noch Zeit für ein gemeinsames Gruppenbild.
vlnr: Dr. Sven U. Langner, Franziska Büchold, André Schmincke, Tino Sorge (MdB), Simone Borchardt (MdB), Prof. Dr. Michael Abou-Dakn, Dr. Dirk Schaper, Dr. Franziska Kersten (MdB), Alexandra Gelbstein, Dirk-Ulrich Mende (MdB), Tina Rudolph (MdB), Alexis J. Batsilas, Stefan Fischer, Peter Pfeiffer, Sören Griebel, Dr. Sven Seeger
Foto: EVV

Exzellente Medizin auf dem Prüfstand

Dr. Sven U. Langner, Geschäftsführer Elisabeth Vinzenz Verbund, erklärt:

„Jeder unserer insgesamt dreizehn Standorte erbringt nachweislich exzellente Qualität im Sinne unserer Patienten. Innerhalb unserer Verbund-Familie verfügen wir über eine Vielzahl medizinischer „Leuchtürme“ – im Norden haben wir in Eutin die größte Palliativstation und in Reinbek die einzige nichtuniversitäre Ösophagus-Chirurgie Schleswig-Holsteins. Im niedersächsischen Hannover verfügen wir über die größte Uro-gynäkologische Fachabteilung des Landes samt DaVinci-Robotik. Unser Haus in Hildesheim verfügt über die einzige Neurologie mit Stroke Unit in der Stadt und einem Versorgungsgebiet von über 150.000 Einwohnern. In Dresden verfügen wir mit über 700 Eingriffen jährlich über das größte Schilddrüsen-Zentrum Ostdeutschlands. In Magdeburg betreiben wir eines der fallstärksten Brustzentren sowie in Halle (Saale) die größte Kinderklinik in Sachsen-Anhalt. Mit über 4000 Geburten zählt unsere Geburtshilfe in Berlin seit Jahren zu den führenden Deutschlands.

Wir stehen unseren Patientinnen und Patienten zur Seite und nehmen unseren Versorgungsauftrag sehr ernst.”

Foto: EVV

 

Leistungsverlust droht

Den Reformideen zufolge soll ein Großteil relevanter regionaler Versorger sowie Schwerpunktversorger in das sog. Level I (Grundversorgung) eingestuft werden. Damit verbunden wäre für jedes Haus der Verlust der Hauptleistungen, die dann nicht mehr erbracht werden dürften.

Dr. Sven U. Langner:

„Wenn die Reform in ihrer aktuellen Entwurfsform umgesetzt würde, dann hätte dies zur Folge, dass Leistungen konzentriert an Großversorger verlagert würden, die bisher nicht den Beweis antreten konnten, die Leistungen medizinisch-pflegerisch und für den Patienten risikoärmer und zufriedenstellender zu erbringen als wir. Damit verlieren wir als Träger nicht nur unsere Patienten, die uns stets eine hervorragende Leistungsqualität bescheinigt haben, sondern die medizinisch-pflegerische Expertise und nicht zuletzt einen Großteil unseres Ertrags. Nach über 25 Jahren Erfahrung im Krankenhauswesen ist es mir persönlich schleierhaft, mit welcher Begründung solche sinnvoll etablierten und gut funktionierenden Behandlungsketten ihre Daseinsberechtigung verlieren sollten.”

Foto: Manuel Tennert / EVV

Peter Pfeiffer, Geschäftsführer Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara Halle (Saale) und Regionalgeschäftsführer Ost des EVV ergänzt:

Krankenhäuser, Verbände und auch Politik sollten alles dafür tun, attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Vollkommen falsch ist jedoch das Vorhaben des Gesundheitsministers, die Leistungskonzentration als Einbahnstraße in den Universitätskliniken enden zu lassen. Teilweise über Jahrzehnte etablierte Schwerpunkte, in denen Krankenhäuser innerhalb einer Stadt, eines Landkreises oder gar eines Bundeslandes führend sind, dürfen nicht verlagert, sondern müssen ausgebaut werden.“

 

Und wer zahlt?

Und was geschieht mit bereits getätigten Investitionen? Der Elisabeth Vinzenz Verbund hat in der Vergangenheit aus eigener Kraft Mittel in Höhe von über 154 Mio. Euro investiert, ergänzend zu den Einzel- und Pauschalfördermitteln, wozu laut Bundesrecht (KH-Finanzierungsgesetz KHG) die Bundesländer verpflichtet gewesen wären.

Diese Investitionen sind natürlich in Abstimmung mit den jeweiligen Sozialministerien der Länder und im Vertrauen darauf erfolgt, dass der Versorgungsauftrag des Krankenhauses unangetastet bleibt, sofern keine medizinischen Gründe entgegenstehen.

Um es klar zu sagen: Das Reformvorhaben käme somit einer historisch beispiellosen Enteignung gleich!

 

Stefan Fischer, Geschäftsführer St. Bernward-Krankenhaus Hildesheim und Regionalgeschäftsführer Niedersachsen, hat die Finanzierung im Blick:

„Ob die Abkehr von einer mengenabhängigen Vergütung zur Vorhaltungsfinanzierung tatsächlich den ökonomischen Druck reduziert, darf bezweifelt werden. Denn zu wenig Geld anders verteilt, bleibt unterm Strich zu wenig Geld. Stattdessen sollten alle Bundesländer gleichermaßen ihrer jeweiligen Verantwortung nachkommen und die Investitionskosten vollumfänglich tragen.

Ergänzend ist angesichts der dramatischen Entwicklung bereits jetzt finanzielle Hilfe nötig. Konkret wird ein Vorschaltgesetz benötigt, das schon vor der geplanten Krankenhausreform hilft, die wirtschaftliche Lage kurzfristig zu stabilisieren und die strukturelle Unterfinanzierung behebt, bis die Reform greift, in der dann auch eine auskömmliche Finanzierung steht.“

 

 

Dr. Sven U. Langner:

„Schlimm genug, dass wir als Träger in Deutschland vielfach zur Hälfte die Investitionsverpflichtung der Länder übernehmen müssen, obwohl dies im Preissystem DRG überhaupt nicht vorgesehen ist, es stellt sich aber die klare Frage, wie das Reformvorhaben bei den ohnehin knappen Finanzmittel gestemmt werden kann?

Selbst wenn die Leistungsverlagerungen an größere Häuser allgemein konsensfähig wären, zeigen Beispiele aus anderen Ländern, dass dies nur mit einem gewaltigen Investitionsprogramm möglich wäre, das sich in Deutschland seriösen Schätzungen zufolge auf ca. 100 Mrd. EUR belaufen würde, während Einspareffekte ausbleiben dürften, wenn damit nicht gleichzeitig eine Leistungsreduzierung und -rationierung verbunden wäre; von erheblichen Schließungskosten für dann vermeintlich nicht mehr benötigte Krankenhäuser in Millionenhöhe pro Standort mal ganz abgesehen.

Als katholischer Träger arbeitet der EVV in seinen Einrichtungen ausschließlich patienten- und versorgungsorientiert und ohne primäre ökonomische Interessen. Mit Blick auf das Krankenhaus-System der letzten 30 Jahre haben wir uns für eine ressourcensparende und effiziente Arbeitsweise an allen Standorten eingesetzt, mit dem klaren Fokus auf die Interessen und Belange unserer Patientinnen und Patienten und die Versorgung der Bevölkerung in den jeweiligen Regionen.“

 

Im Dialog mit den Abgeordneten

Der EVV hatte Abgeordnete aus sechs im Gesundheitsausschuss vertretenen Parteien zu einem Austausch eingeladen. Dieser hatte zum Ziel, die Auswirkungen der angekündigten Krankenhausreform aus Sicht des Verbundes und seiner Einrichtungen deutlich zu skizzieren.

Im Fokus dabei auch die Situation an den Geburtskliniken.

 

Prof. Dr. Michael Abou-Dakn, Ärztlicher Direktor und Chefarzt Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe St. Joseph Krankenhaus Berlin Tempelhof, fasst seinen Eindruck nach dem parlamentarischen Frühstück in einem Satz zusammen:

„Ich freue mich, dass wir bei den Politikerinnen und Politikern ein offenes Ohr fanden und habe den Eindruck, dass wir das gemeinsame Ziel verfolgen, die hohe Qualität und Patientensicherheit nicht durch den ersten Entwurf der Krankenhausreform zu gefährden.“

 

Foto: Manuel Tennert / EVV

 

Dr. Seeger, Chefarzt Klinik für Geburtshilfe Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara Halle (Saale) Statement sieht es wie folgt:

„Ich gehe beruhigt aus dem gemeinsamen Termin und sehe, dass auch bei den politisch Verantwortlichen die Erkenntnis entstanden ist, dass diese Reform der Krankenhäuser – wie ursprünglich vorgeschlagen – katastrophale Auswirkungen auf die medizinische Versorgung in Deutschland hätte und so nicht umsetzbar ist.“

 

Foto: Marco Warmuth / Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara Halle (Saale)

 

Dr. Langner resümiert:

“Mit der notwendigen Reform sollten Probleme gelöst werden und keine dort erst geschaffen werden, wo die Versorgung unserer Patienten sehr gut funktioniert.

Es ist richtig, dass wir als unmittelbar Betroffene mit Blick aus der Praxis das Gespräch mit den Abgeordneten suchen und diese es auch führen wollen.

Ich bedanke mich bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der anwesenden Fraktionen von CDU, CSU, SPD und FDP für den angeregten Austausch. Noch sind wir zuversichtlich, dass sich im angekündigten Gesetzesentwurf die – aus unserer Sicht – gröbsten Unwägbarkeiten nicht wiederfinden.”

 

Foto: Manuel Tennert / EVV

 

Für den EVV beim parlamentarischen Frühstück in der Landesvertretung Sachsen-Anhalts (vlnr):
Peter Pfeiffer (Geschäftsführer Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara Halle/Saale), Sven Seeger (Chefarzt Klinik für Geburtshilfe Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara Halle/Saale), Dr. Sven U. Langner (Geschäftsführer Elisabeth Vinzenz Verbund), Prof. Dr. Michael Abou-Dakn (Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde St. Joseph Krankenhaus Berlin Tempelhof), Franziska Büchold (Stabsstelle Verhandlungsmanagement EVV), Dr. Dirk Schaper (Chefarzt Qualitätsmanagement, Medizincontrolling und Unternehmensentwicklung Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara Halle/Saale) und Stefan Fischer (Geschäftsführer St. Bernward Krankenhaus Hildesheim)
Foto: EVV

 

Gesundheitsausschuss

Was ist der Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages, welche Abgeordnete arbeiten in ihm worum gehts in der Arbeit des Ausschusses?

Hier gehts zu allen Infos.

 

Krankenhausreform

Stark verbesserungsbedürftig im aktuellen Stand. Meinen nicht nur wir. Bis zum Sommer 2023 sollen Eckpunkte für die Krankenhausreform vorliegen. Die gesetzliche Regelung soll bis Ende des Jahres erfolgen.

Hier gehts zur Krankenhausreform.

 

Interessenvertretungen der Krankenhäuser

Wir teilen die Ansichten und Vorschläge der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V.

Als katholischer Krankenhausträger sind wir auch Mitglied im Katholischen Krankenhausverband Deutschlands e.V. (kkvd)

 

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Beitrag und Fotos: André Schmincke, Leiter Unternehmenskommunikation und Marketing Elisabeth Vinzenz Verbund GmbH

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