Schwerpunkt Corona aktuell, Medizin im EVV, Menschlichkeit verbindet
Aufklärung auf Augenhöhe
Mit rund 70.000 Fällen pro Jahr ist der Brustkrebs die mit Abstand häufigste Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland. Für jede Einzelne ist die Diagnose zunächst ein großer Schock – und stellt das Leben auf den Kopf.
Doch mittlerweile liegen die Heilungschancen bei rund 90 Prozent und neue Behandlungsmöglichkeiten erlauben eine sehr individuelle Betrachtung des Tumors.
Chefärztin Dr. Sabine Schmatloch leitet das Brustzentrum im Elisabeth-Krankenhaus Kassel und damit das größte in Hessen.
Im Interview gibt sie einen Einblick in ihre Arbeit.
Frau Dr. Schmatloch, was ist Ihnen im Umgang mit Ihren Patientinnen besonders wichtig?
Dr. med. Sabine Schmatloch: Die Aufklärung unserer Patientinnen ist ein ganz wichtiger Faktor.
Sie müssen verstehen und nachvollziehen können, was mit ihnen und ihrem Körper passiert.
Das erreichen wir durch ganz viel Aufklärung, durch eine Beziehung auf Augenhöhe und durch Vertrauen.
Die Diagnose Brustkrebs ist ein großer Einschnitt: Sie ist lebensbedrohlich und verändert nicht nur das Körperbild, sondern die gesamten Lebensumstände der Patientin.
Der Weg bis zum Therapieplan ist schwierig für die Patientin, weil noch viele Unsicherheiten vorhanden sind. Es wird aber leichter, wenn man dann erstmal gemeinsam einen Fahrplan entwickelt hat.
Wichtige Ansprechpartnerinnen sind unsere Psychoonkologinnen – man kann das oft nicht mit sich selbst ausmachen, was da alles passiert. Essentielle Hilfe bietet auch unser Sozialdienst, wenn es dann um Dinge wie eine Reha-Maßnahme oder Haushaltshilfe geht.
Und wie definieren Sie Ihre Position als Chefärztin?
Ich verstehe mich selbst als jemanden, der lenkt und leitet. Und der am Ende die Verantwortung trägt und den Weg vorgibt.
Aber: Es geht nicht allein, wir sind ein starkes Team, das sich gegenseitig stützt und unterstützt.
Man braucht ganz viele Menschen, die mitarbeiten und neue Ideen einbringen.
Dr. Sabine Schmatloch, Chefärztin des Brustzentrums im Elisabeth-Krankenhaus, nimmt sich immer Zeit für ein ausführliches und persönliches Aufklärungsgespräch – auch in Corona-Zeiten.
Welchen Einfluss nimmt denn die Corona-Pandemie auf Ihre Behandlungen?
Wir haben im Team – und im gesamten Krankenhaus – seit dem Start der Pandemie eine Routine entwickelt und sind sehr gut eingespielt.
Solange eine Patientin keinen positiven Test hat, findet die Behandlung ohne Einschränkungen statt. Das gesamte medizinische Leistungsspektrum steht zur Verfügung.
Bei einem positiven Test kann natürlich weder eine Chemo-Therapie noch eine OP stattfinden.
Diese Therapieverschiebungen und -unterbrechungen versuchen wir so gut wie möglich einzugrenzen, indem wir vor und während der Therapie Impfungen empfehlen.
Ist eine Chemotherapie denn eigentlich immer notwendig?
Nein, nicht immer. Bei Verdacht auf Brustkrebs arbeiten wir zunächst mit Ultraschall und der Mammographie.
Bei unklaren Befunden wird den Patientinnen eine Gewebeprobe entnommen. Mit dieser Probe können die Pathologen schon ganz viel festlegen. Ist der Tumor gut- oder bösartig? Wie aggressiv ist das Karzinom?
Im Prinzip bestimmen die Pathologen das, was für die spätere Therapie entscheidend ist.
Anhand der Tumorbiologie können wir dann schon sagen, ob eine Chemotherapie notwendig ist oder nicht.
In manchen Fällen fällt die Entscheidung schwerer, da gibt es als weitere aussagekräftige Maßnahme die so genannten Genexpressionsprofile. Das sind genauere molekulare Untersuchungen des Gewebes, die das Rückfallrisiko bestimmen.
Aufgrund dieses Wertes wird dann entschieden, inwieweit die Patientin von einer Chemotherapie profitiert. Im Grunde ist es eine Nutzen-Risiko-Abwägung, die in 40 bis 50 Prozent aller Fälle zur Anwendung kommt.
Wie wichtig ist Reha-Sport nach der Therapie?
Untersuchungen zeigen, dass circa drei bis fünf Stunden Sport pro Woche durchaus sinnvoll sind.
Das muss natürlich angepasst sein auf die jeweilige Patientin – bei einer älteren Dame sind drei Stunden Spazierengehen in einem guten Tempo schon ausreichend. Im Grunde geht es um genügend Bewegung.
Die Wahrscheinlichkeit, dass der Brustkrebs zurückkommt, wird dadurch verringert – um rund 20 bis 30 Prozent.
Und das hat jede Patientin nach der Therapie selbst in der Hand.
Und wie wird der Sport bei Ihnen organisiert?
Vor Corona wurde der Reha-Sport noch ausschließlich vor Ort in unserem Räumen von der Dipl. Sportlehrerin Anette Weldner angeboten.
Während der Pandemie lief es dann rein virtuell ab – und mittlerweile bieten wir eine Mischung aus beidem an.
Der Reha-Sport kann dann auch über die Krankenkasse abgerechnet werden. Wir stellen dafür natürlich auch sehr gerne ein Rezept aus.
Rezertifizerung für das Brustzentrum im Elisabeth-Krankenhaus
Das Brustzentrum im Elisabeth-Krankenhaus hat in einem Audit erneut eine hohe Ergebnisqualität bei der Behandlung von Brustkrebs nachgewiesen.
Damit ist das größte Brustzentrum in Hessen seit dem Jahr 2006 durchgängig zertifiziert. Vergeben wird das Gütesiegel vom unabhängigen Institut OnkoZert der Deutschen Krebsgesellschaft.
„Dabei wird anhand einer Vielzahl festgelegter Kriterien sowohl die Behandlungsqualität als auch die Organisationsstruktur beurteilt. Die erneute Auszeichnung ist eine Leistung des gesamten Teams“, erklärt Dr. Schmatloch.
Zur Person
Dr. med. Sabine Schmatloch ist Chefärztin des Brustzentrums im Kasseler Elisabeth-Krankenhaus.
Sie studierte Medizin in Regensburg und Würzburg. Nach zwölf Jahren am Klinikum Kassel wechselte sie 2012 an das Elisabeth-Krankenhaus. Dort ist sie seit 2015 Chefärztin des Brustzentrums, dem größten in Hessen.
Dr. Schmatloch ist Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe mit Schwerpunkt Gynäkologische Onkologie und Spezialisierung auf Brustkrebserkrankungen.
Ein Beitrag des Elisabeth-Krankenhauses Kassel, Abteilung für Unternehmenskommunikation
Interview: André Kaminski
Fotos: Elisabeth-Krankenhaus Kassel