Schwerpunkt Allgemein, Corona aktuell, Medizin im EVV
Infektiologische Kompetenz am Berliner St. Joseph Krankenhaus
Dr. Hartmut Stocker leitet als Chefarzt seit April 2020 die Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus Berlin Tempelhof.
In dieser gibt es einen stationären und einen teilstationären Bereich. Behandelt werden unter anderem Menschen mit HIV/Aids und allen damit assoziierten, infektiologischen, immunologischen und onkologischen Erkrankungen.
Drei Fragen an Chefarzt Dr. Hartmut Stocker, den Leiter der einen von nur zwei Kliniken für Infektiologie in Berlin. Und übrigens der einzigen Infektiologie im gesamten Elisabeth Vinzenz Verbund (EVV).
Erfahrung und Vernetzung für die Patienten
Herr Dr. Stocker, worin sehen Sie die Schwerpunkte Ihrer Arbeit und wie sind Sie im St. Joseph Krankenhaus mit anderen Fachbereichen vernetzt?
Dr. Hartmut Stocker: In unserer Klinik am St. Joseph Krankenhaus behandeln wir Infektionskrankheiten jeglicher Art.
Als Team von Ärzten und Pflegenden sind wir hier vor Ort zwar noch relativ neu, wir arbeiten aber schon viele Jahre sehr eng und professionell zusammen. Entsprechend verfügen wir insbesondere im Bereich der HIV-assoziierten Erkrankungen und der Tumorerkrankungen über einen Erfahrungsschatz, der deutschlandweit wohl einmalig sein dürfte.
Infektionskrankheiten müssen richtig verstanden werden. Wir Infektiologen sind bei der grundlegenden Diagnostik von bakteriellen Erkrankungen gefordert.
Vereinfacht gesagt, müssen wir die Bakterien „verstehen“. Es gilt, das Krankheitsbild aus der Sicht des Bakteriums zu lesen.
Viele Infektionen können nicht wegtherapiert werden, sie müssen wegoperiert werden. Und da wir als Internisten nur wenig schneidend tätig sind, ist die gute Vernetzung und Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen der Chirurgie und der Orthopädie essentiell.
Aber auch die anderen Abteilungen im Hause arbeiten mit uns und wir mit ihnen. Menschen mit Sepsis bekommen häufig ein akutes Nierenversagen und da hilft es, dass es hier im Hause eine der größten Abteilungen für Nephrologie gibt.
Nach unserem ersten halben Jahr am St. Joseph Krankenhaus kann ich feststellen, dass die Zusammenarbeit mit allen genannten und vielen weiteren Abteilungen sehr gut funktioniert. Fachlich wie menschlich.
Dr. Hartmut Stocker zu Gast auf dem EVV-Sofa. Lektüre: Die Broschüre mit allen Einrichtungen des Elisabeth Vinzenz Verbundes.
Covid-19-Screening vor Diagnostik
Ihr Team und Sie haben die Arbeit am St. Joseph Krankenhaus mitten in der Corona-Hochphase aufgenommen. Läuft der Betrieb bei Ihnen aktuell regelhaft und was müssen Ihre Patienten beim Krankenhausbesuch beachten?
Dr. Hartmut Stocker: Wir befinden uns ja bereits in der zweiten Welle und sind entsprechend allgemein geübt im Miteinander angesichts pandemischer Zustände.
Als Infektiologen machen uns „unsichtbare Gefahren“ eher nicht panisch.
Wir sind routiniert im Umgang mit Schutzmaßnahmen und bemühen uns, soviel Normalität wie möglich im Miteinander mit unseren Patienten herzustellen.
Die sind Teil des Präventionskonzeptes und eingeladen, sich selbst und uns zu schützen. Denn weltweit ist die durch Covid-19 am meisten betroffene Gruppe diejenige der „health-care-workers“.
Insofern setzen wir auf aktive Mitarbeit. Das Tragen eines MundNasenSchutzes steht dabei an erster Stelle.
Ergänzend werden vor der Diagnostik all unsere Patienten auf Covid-19 getestet.
Auch in Coronazeiten Infektionskrankheiten wie HIV weiter bekämpfen
Herr Dr. Stocker, Covid-19 ist täglich mediales Thema. Wie bewerten Sie dies hinsichtlich Ihrer infektiologischen Schwerpunkte?
Dr. Hartmut Stocker: Wir sehen, dass weltweit Ressourcen im Gesundheitssystem zugunsten von Corona abgezogen werden. Sicherlich aus gutem Grund.
Damit einher geht aktuell aber auch eine Veränderung der Versorgungsstruktur, die unerwünschte Folgen hat. Klinisch so bedeutsame Infektionserkrankungen wie Hepatitis, Tuberkulose oder HIV dürfen in der Geräuschkulisse, die aktuell durch Corona entsteht, nicht untergehen.
Ganz praktisch gesprochen sehe ich unseren Auftrag zum Beispiel darin, hier und heute einen Beitrag dafür zu leisten, dass die AIDS-Epidemie weltweit beendet wird.
Berlin ist eine sogenannte „Fast-Track City“ und hat sich, unterstützt durch den Regierenden Oberbürgermeister, dazu verpflichtet, in der HIV/Aids-Prävention besondere Anstrengungen zu unternehmen.
Gern gebe ich in einem kommenden Blogbeitrag hierzu näher Auskunft.
Herr Dr. Stocker, ganz herzlichen Dank für das Gespräch. Wir freuen uns auf Ihre Blogbeiträge hier.
Die Fragen stellte André Schmincke, Leiter Unternehmenskommunikation und Marketing Elisabeth Vinzenz Verbund.
Zur Person
Foto: St. Joseph Krankenhaus Berlin Tempelhof
Chefarzt Dr. Hartmut Stocker leitet seit April 2020 die Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus Berlin Tempelhof.
Er ist seit vielen Jahren auf die Infektiologie inkl. HIV-assoziierter Erkrankungen und Aids spezialisiert.
Nach seinem Studium an den Universitäten von São Paulo (Brasilien) und Würzburg arbeitete er am Unfallkrankenhaus Berlin-Marzahn und am Universitätsklinikum Freiburg in internistischen sowie infektiologischen Abteilungen.
Er war für die Weltgesundheitsorganisation WHO und andere internationale Organisationen beratend in zahlreichen Ländern wie dem Kongo, Kirgisistan, Kambodscha und der Ukraine tätig.
Vor seinem Wechsel ans St. Joseph Krankenhaus war Dr. Stocker Oberarzt in der Klinik für Gastroenterologie, Infektiologie und HIV am Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum Berlin.
Zur Klinik für Infektiologie am Berliner St. Joseph Krankenhaus
Zum multidisziplinären Team der Klinik für Infektiologie gehören 27 Pflegende (mit Zusatzqualifikationen in den Bereichen Palliativmedizin, Onkologie und HIV-Medizin) sowie 11 Ärztinnen und Ärzte (mit Spezialisierungen in den Bereichen Innere Medizin, Gastroenterologie, Onkologie, Neurologie und Infektiologie), aber auch Sozialarbeiterinnen, Seelsorgerinnen und ehrenamtlich Helfende.
Die Klinik widmet sich dem gesamten Spektrum der Infektionskrankheiten.
Behandelt werden Lungen- und Herzklappenentzündungen sowie Infektionen des Bauchraums, des Nervensystems, Tropenerkrankungen, Tuberkulose, Knochen- und Gelenkinfektionen sowie nosokomiale Infektionen.
Darüber hinaus werden Menschen mit Erkrankungen behandelt, die überschießende Reaktionen des Immunsystems – die sogenannten Hyperinflammationssyndrome – provozieren. Dazu zählen häufige Infektionskrankheiten und Lymphome genauso wie extrem seltene Erkrankungen wie der Morbus Castleman oder das HHV-8 assoziierte Kaposi Sarkom.